Dein Selbstverständnis als Führungscoach

von | Jan. 17, 2021 | Blog

Vor Kurzem habe ich meinen Mann gefragt: „Sag mal, was verstehst du denn unter Coaching?“ Auf die Antwort war ich gespannt wie ein Flitzebogen, da mein Mann zwar mit einer Expertin für Führungscoaching verheiratet ist, selbst jedoch mit dem Thema nicht viel am Hut hat. Seine Antwort hat mich dann doch sehr überrascht: „Coaching ist für mich zielführende Begleitung ohne Wissenstransfer.“

Das ist eine sehr spannende Aussage, da in diesem kleinen Satz schon wahnsinnig viele Punkte drinstecken. Schauen wir uns das also mal genauer an. Bei Coaching geht es um eine Begleitung durch eine andere Person, also den Coach. Die Begleitung sollte zielführend sein, so dass der Coachee die sich selbst gesteckten Ziele erreicht. Und es findet kein Wissenstransfer statt. Und hier sind wir schon am Kern der Aussage angelangt. Es findet kein Wissenstransfer statt. Lies diesen Satz gerne nochmal. Es findet kein Wissenstransfer statt.

Es handelt sich also beim klassischen Coaching um Hilfe zur Selbsthilfe und nicht um Beratung, Mentoring oder Training. Du fragst dich vielleicht, was das mit deinem Selbstverständnis als Führungscoach zu tun hat. Die Antwort ist: Eine ganze Menge.

Gerade für Menschen, die neu als Leadership Coach starten, ist eine große Hürde, die geringe oder sogar fehlende eigene Erfahrung als Führungskraft. Das führt dazu, dass manche zwar theoretisch sehr gut ausgebildet sind, Prozesse, Tools und Methoden beherrschen, aber nie in der Praxis starten.

Wenn du dir aber nun bewusst machst, dass beim klassischen Coaching gar kein Wissenstransfer stattfindet, verschiebt sich auf einmal die Perspektive. Denn dann wirst du feststellen, dass deine Expertise nicht in der Führung liegen muss. Im Gegenteil, das kann im schlechtesten Fall deine Sichtweise sogar einschränken, da du unbewusst immer wieder Bezug zu deinen eigenen Führungserfahrungen herstellst.

Was zeichnet also einen Führungscoach stattdessen aus? Der Leadership Coach ist Prozessbegleiter*in, Methodenprofi, Systemiker*in, Raumgeber*in für eine Führungskraft, die vor einer, für sie scheinbar unlösbaren, Herausforderung steht. Der Fokus der Arbeit liegt also hier auf der Begleitung von Perspektivwechseln, dem Geben von Denkanstößen, dem Stellen der richtigen Fragen, der Auswahl der richtigen Methoden. Der Leadership Coach arbeitet auf der Meta-Ebene und unterstützt dabei, Ordnung in das Chaos zu bringen.

Das ist also die klassische Perspektive. Natürlich kann es sein, dass es in manchen Prozessen notwendig ist, Coaching mit weiteren Elementen zu kombinieren. Aber gerade auch aus diesem Grund ist es so wichtig, dass du dir vorher überlegst, wo deine Stärken liegen, was du gut kannst und welche Coachees du zielführend begleiten kannst. Denn ein guter Führungscoach ist auch Expert*in für ein Thema. Alleine die Spezialisierung Führungscoach reicht hier nicht aus. Denn auch du willst mit jemandem zusammenarbeiten, der sich auf ein Thema fokussiert hat. Hierzu ein Gedanke: Du gehst bei körperlichen Beschwerden auch lieber zum/r Spezialist*in als zum/r Allgemeinärzt*in.

Zu einem guten Führungscoach gehört es also auch, die eigene Spezialisierung zu finden. Überlege dir, welche Prozesse zu besonders gut begleiten kannst. Und dann sage alles andere ab, denn Bauchladen ist out. Diesen Prozess habe auch ich zu Beginn meiner Selbstständigkeit durchlaufen. Und glaube mir, wenn du dich einmal auf ein Thema spezialisiert hast, wirst du in diesem automatisch immer besser und somit automatisch die richtigen Coachees anziehen. Denn Expertise und Spezialisierung spricht sich herum. Und wenn du richtig gut in etwas bist, strahlst du das auch aus.

Welche Fragen kannst du dir also selbst stellen, wenn du über dein Selbstverständnis als Führungscoach nachdenkst?

  • Welche Tools und Methoden kannst und willst du einsetzen?
  • Wo liegen deine Stärken? Für welches Thema innerhalb des Bereichs Führungscoaching bist du Expert*in?
  • Wen möchtest du ansprechen? Wer ist deine Zielgruppe?
  • Betreibst du klassisches Coaching wie oben beschrieben oder kombinierst du dieses mit Beratung, Mentoring und Training?
  • Was zeichnet in deinen Augen einen guten Führungscoach aus? Welche dieser Qualitäten trägst du ebenfalls in dir? Wie kannst du diese Qualitäten noch ausbauen?

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