Neuro… was? – Vielleicht hast du dich das gefragt. In diesem Artikel soll es um Neuroleadership gehen. Was schwierig klingt, bedeutet eigentlich nur eines. Im Neuroleadership werden die Erkenntnisse der Neurowissenschaften für die Führung genutzt. Dieser Ansatz der gehirngerechten Führung wurde vor allem von David Rock geprägt und erklärt einiges zum Thema Mitarbeiterführung. Ich möchte dir nun ausführlicher erklären, was man unter Neuroleadership versteht.
Was steckt hinter Neuroleadership?
Das Gehirn strebt nach der Maximierung von Belohnungen sowie positiven Emotionen. Gleichzeitig möchten wir Bedrohungen und negative Emotionen minimieren. Das ist ein einfaches Ordnungsprinzip, das früher das Überleben gesichert hat.
Was passiert genau im Gehirn?
Im Gehirn findet eine unbewusste, automatische, schnelle Verarbeitung von Reizen durch die Amygdala im limbischen System statt. Da so viele Reize tagtäglich auf uns eintreffen, geschieht dies unterbewusst. Es ist unmöglich, diese Vielzahl von Reizen tiefergehend zu verarbeiten. Wenn nun eine Bedrohung durch unser Gehirn erkannt wird, beeinflusst das unsere Wahrnehmung, schränkt die Problemlösefähigkeit sowie die Fähigkeit zu Entscheidungsprozessen und zur Zusammenarbeit ein. So eine Bedrohung könnte beispielsweise auch eine cholerische Führungskraft sein, deren Erscheinen dazu führt, dass die Mitarbeiter*innen ihre Aufgaben nicht mehr gut ausführen können.
Was bedeutet das für soziale Interaktionen?
Das Gehirn ist ein soziales Organ und reagiert auf soziale Interaktion. Die Bedürfnisse des Gehirns sind Treiber hinter dem sozialem Verhalten von Menschen. Soziale Rückweisung wird zum Beispiel wie physischer Schmerz erlebt, da dabei die gleichen Hirnareale aktiviert sind. Eine cholerische Führungskraft löst also Stress und Bedrohungsreaktionen bei den Mitarbeiter*innen aus, was zu eingeschränkter Leistung führt. Ist eine Führungskraft hingegen an echter Interaktion, Kommunikation und Austausch interessiert, wird dies die Motivation und Leistung steigern.
Welche Bedürfnisse gibt es?
David Rock hat das SCARF-Modell entwickelt, so dass Führungskräfte dieses für die gehirngerechte Führung nutzen können. SCARF ist ein Akronym, hinter dem sich fünf menschliche Bedürfnisse verstecken. Das Akronym SCARF steht für Status, Gewissheit (vom Englischen: Certainty), Autonomie, Zugehörigkeit (vom Englischen: Relatedness) und Fairness. Das SCARF-Modell geht davon aus, dass diese fünf Faktoren die wichtigsten treibenden Kräfte für das Verhalten von Menschen in sozialen Situationen sind. Wenn diese Faktoren erfüllt sind, fühlen sich Menschen sicher, motiviert und produktiv. Wenn sie jedoch verletzt werden, können sie sich bedroht, unsicher und unzufrieden fühlen.
Mitarbeiter*innen streben demzufolge nach:
- Status: eine gute Stellung im Team
- Gewissheit: Sicherheit und Vorhersehbarkeit von zukünftigen Entwicklungen
- Autonomie: Kontrolle, Beeinflussung und Selbstgestaltung der Arbeit
- Zugehörigkeit: Zugehörigkeitsgefühl zum Team
- Fairness: Gleichbehandlung
Status bezieht sich auf die Wertschätzung und Anerkennung, die eine Person innerhalb einer Gruppe oder Organisation hat. Menschen haben ein Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt, und sie können sich durch negative Statusdynamiken bedroht fühlen. Führungskräfte können das Bedürfnis nach Status erfüllen, indem sie ihren Mitarbeiter*innen Verantwortung übertragen, ihre Leistungen anerkennen und respektvoll behandeln.
Gewissheit (oder Certainty) bezieht sich auf die Vorhersehbarkeit und Kontrolle, die eine Person über ihre Umgebung hat. Menschen haben ein Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle, und sie können sich durch Unsicherheit und unvorhersehbare Situationen bedroht fühlen. Führungskräfte können das Bedürfnis nach Gewissheit erfüllen, indem sie klare Ziele und Erwartungen festlegen, regelmäßige Feedback-Gespräche führen und transparente Entscheidungen treffen.
Autonomie bezieht sich auf das Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit. Menschen wollen das Gefühl haben, dass sie Einfluss auf ihre Umgebung haben und dass sie selbst Entscheidungen treffen können. Führungskräfte können das Bedürfnis nach Autonomie erfüllen, indem sie ihren Mitarbeitern Freiheit und Vertrauen schenken, sie in Entscheidungsprozesse einbeziehen und ihnen ermöglichen, ihre eigenen Arbeitsprozesse zu gestalten.
Zugehörigkeit bezieht sich auf die Qualität der Beziehungen, die eine Person zu anderen innerhalb einer Gruppe oder Organisation hat. Menschen haben ein Bedürfnis nach Verbundenheit und Zusammengehörigkeit, und sie können sich durch soziale Ausgrenzung oder Ablehnung bedroht fühlen. Führungskräfte können das Bedürfnis nach Zusammenhang erfüllen, indem sie eine positive und unterstützende Arbeitskultur fördern, die Zusammenarbeit und Gemeinschaftlichkeit fördert.
Fairness bezieht sich auf die Gerechtigkeit und Transparenz von Entscheidungen und Prozessen innerhalb einer Gruppe oder Organisation. Menschen haben ein Bedürfnis nach Fairness und Gleichbehandlung, und sie können sich durch Ungerechtigkeit oder Vorurteile bedroht fühlen. Führungskräfte können das Bedürfnis nach Fairness erfüllen, indem sie transparente Entscheidungsprozesse schaffen, sich an klare Regeln und Verhaltensnormen halten und sich bemühen, für gerechte Strukturen und Prozesse zu sorgen.
Was bedeutet das nun für dich?
In einem nächsten Schritt kannst du nun für dich überlegen, was das konkret im Führungskontext bedeutet und wie du das in deine Arbeit einfließen lassen kannst. Zum Beispiel hilft dies auch dabei, Konflikte besser zu verstehen. Darüber hinaus kann das SCARF-Modell auch dabei helfen, Konflikte innerhalb einer Gruppe oder Organisation zu lösen. Wenn es zum Beispiel Konflikte über Status gibt, kann die Führungskraft versuchen, den betreffenden Mitarbeiter:innen mehr Anerkennung und Verantwortung zu geben. Wenn es Konflikte über Gewissheit gibt, kann die Führungskraft versuchen, die Erwartungen und Ziele klarer zu kommunizieren und regelmäßiges Feedback zu geben.
Dabei ist wichtig zu verstehen, dass wir alle diese fünf Bedürfnisse haben, diese aber eventuell unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Überlege dir also, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter*innen haben und wie du damit umgehen kannst.
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